"Ich möchte mich lieber in die Breite entwicklen, als in die Höhe." Dieser Satz klingt ungewohnt. Wollen wir nicht alle die Karriereleiter schnell nach oben. Und ein Schönheitstrend wird es auch nicht sein. Was verbirgt sich hinter dieser Aussage. Es ist ein Denkansatz bzw. Modell, welches Rhizom heißt.
Rhizom ist ein zentraler Begriff der Philosophie von Grilles Deleuze und Felix Guattari. Der Begriff ist von der Bezeichnung für Wurzelgeflechte (Rhizome) vom Pflanzen abgeleitet. Bei Deleuze und Guattari dient er als Metapher für ein postmodernes beziehungsweise poststrukturalistisches Modell der Wissensorganisation, das ältere, durch eine Baum-Metapher dargestellte, hierarchische Strukturen ersetzt. Baum-Modelle sind hierarchisch und dichotomisch angelegt, das heißt: Jedes Element befindet sich auf einer (und nur einer) Ordnungsebene, ist einer höheren Ebene untergeordnet und kann einem oder mehreren Elementen übergeordnet sein. Es gibt keine Querverbindungen, die Hierarchieebenen überspringen oder Elemente verbinden, die zwei unterschiedlichen höheren Elementen übergeordnet sind. Die Entwicklung verläuft also immer linear von unten nach oben, von einer niedrigen zu einer höheren Stufe.
Deleuze und Guattari halten das dichotomische Baummodell für unangemessen, weil es nicht offen ist für mögliche Veränderungen der Sichtweise oder Perspektiven ist. Stattdessen schlagen sie vor, das Leben horizontal zu denken, also nicht als Entwicklung von unten noch oben, sondern als dezentrale Bewegung in alle Richtungen. Ihr Rhizom-Modell zeigt eine Ordnung, bei der alle Elemente untereinander verbunden sind, sich kreuzen und trotzdem unabhängig voneinander sein können. Es gibt keinen Ist-Zustand, nur ein kontinuierliches Werden. Übertragen auf uns lässt sich fragen: Ist es vorstellbar, dass wir gar nicht auf einer Leiter stehen, uns also nicht vertikal entwickeln, sondern horizontal? Dass wir nicht immer besser werden, sondern bloß anders?